Bürgerentscheid: Unerträgliche Geringschätzung des Wählerwillens

CDU kritisiert fehlerhafte Interpretation des Abstimmungsergebnisses und verhärtete Fronten


Die CDU Schwalbach zeigt sich erschüttert über die ersten Reaktionen der Bürgermeisterin und des SPD-Fraktionsvorsitzenden zum Ausgang des Bürgerentscheids am vergangenen Sonntag. Beide hatten sich nach übereinstimmenden Presseberichten dahingehend geäußert, dass das Abstimmungsergebnis als Votum der Schwalbacher Bevölkerung gegen ein Schulkinderhaus und für zusätzliche Wohnbebauung am Erlenborn auszulegen sei und dass es gelte, diesen Willen der Mehrheit zu respektieren.

„Es wäre zunächst einmal wünschenswert und auch zu erwarten gewesen, dass insbesondere Frau Augsburger, die stets für sich in Anspruch nimmt, Bürgermeisterin aller Schwalbacher sein zu wollen, Worte des Dankes an diejenigen richtet, die ihre Stimme beim Bürgerentscheid abgegeben und damit ihr klares Interesse an einer kommunalpolitischen Fragestellung artikuliert haben“, führt CDU-Vorsitzender Jochen Zehnter aus. Noch wichtiger wäre es aus Sicht der CDU, dass dies nicht als reines Lippenbekenntnis geschieht, sondern der geäußerte Wille der Abstimmenden auch zur Kenntnis genommen und gehört wird. Hierzu ergänzt CDU-Pressesprecher Axel Fink: „Wenn 3 Dutzend Bürger an einer Bürgerwerkstatt zum unteren Marktplatz teilnehmen oder ein paar von der Bürgermeisterin ausgewählte Bürger zur Gestaltung des Platzes vor der Alten Schule gehört werden, wird gerne von dem Bürgerwillen gesprochen, aber wenn knapp 3.000 Schwalbacher ihre Stimme abgeben und davon 88% für eine Sache eintreten, sollen diese ignoriert werden, nur weil einem das Ergebnis nicht in die politische Agenda passt? Das ist eine unerträgliche Geringschätzung des Wählerwillens.“

„Jeder kann dieses Wahlergebnis lesen und anstatt verhärtete Fronten zu schaffen, wäre es nun die Pflicht der Bürgermeisterin und ihrer Regierungskoalition Gräben zu überwinden und einen Schritt zuzumachen auf die mehr als 2.500 Menschen, die für ein Schulkinderhaus am Erlenborn votiert haben“, so Fink. Weiter: „Dass stattdessen in keiner veröffentlichten Stellungnahme auch nur das geringste Maß an Anerkennung für die Vertreter der Bürgerinitiative und die 2.500 hinter ihr stehenden Wähler geäußert wird und sogar noch hämisch kommentiert wird, dass knapp vorbei auch daneben sei, ist ein Schlag ins Gesicht für 88% der Wähler und ein knappes Viertel der Gesamtbevölkerung, denen das Thema erkennbar am Herzen liegt.“ Die CDU ist sich sicher: So kann und darf man mit Regierungsverantwortung nicht umgehen.

Die Union verweist weiterhin darauf, dass die Interpretation aus dem Rathaus und der SPD, dass der Bürgerentscheid nunmehr mit Nein entschieden und dies so zu akzeptieren sei, von der Hessischen Gemeindeordnung nicht getragen wird. § 8b Abs. 6 HGO legt vielmehr fest, dass im Falle einer Stimmenmehrheit, aber eines verpassten Quorums der Bürgerentscheid „nicht entschieden“ sei, sondern die Stadtverordnetenversammlung über die beim Bürgerentscheid vorgelegte Fragestellung in der Sache abzustimmen hat. Das Ergebnis des Bürgerentscheids wird damit in der Wirkung zu einer unverbindlichen Bürgerbefragung umgedeutet, der die städtischen Gremien unter dem Eindruck der im Wahlkampf ausgetauschten Argumente und des Abstimmungsergebnisses folgen können, aber nicht müssen. „Die CDU erwartet nun, dass der Magistrat unverzüglich den Stadtverordneten eine entsprechende Beschlussvorlage vorlegt und im Vorfeld der Beratung und Abstimmung über diese keine anderweitigen Fakten schafft“, formuliert Jochen Zehnter die Erwartungen seiner Partei.

Aus Sicht der Union sollte die Stadtverordnetenversammlung dabei dem Votum des Bürgerentscheids folgen und für den Bau des neuen Schulkinderhauses am Standort Erlenborn stimmen. „88% Zustimmung sind ein bemerkenswert klares Signal, über das man sich wegen einer nur knapp zu geringen Beteiligung nicht hinwegsetzen sollte“, so Fink, der ergänzt: „Ein klareres Votum für eine Sache ist in einer freien, demokratischen und geheimen Wahl kaum zu erringen. Daran gibt es nichts zu deuteln.“ Die CDU verweist in diesem Zusammenhang insbesondere darauf, dass niemand zum Boykott der Abstimmung aufgerufen hatte. Vielmehr hatte die Bürgermeisterin zum Urnengang aufgerufen und die Koalition aus SPD/FDP in gemeinsamen Flugblättern und Anzeigen für ein aktives „Nein“ geworben. „Dieser Aufforderung sind gerade einmal 344 Personen oder 3% der Wahlberechtigten gefolgt, d.h. kaum mehr als die Mitgliederschaft der örtlichen SPD und FDP mit ihren Familien“, stellt Zehnter heraus. „Daraus nun herzuleiten, eine Mehrheit habe durch ihr Fernbleiben ihre Präferenz für Wohnbebauung und gegen ein Schulkinderhaus am Erlenborn ausgedrückt, ist geradezu tollkühn und eine unzulässige Vereinnahmung tausender Nichtwähler, insbesondere in der Limesstadt, denen das Thema mangels persönlicher Betroffenheit einfach nicht wichtig genug war, um sich inhaltlich eine klare Meinung in die eine oder auch die andere Richtung zu bilden oder die durch irreführende Informationen der Rathauschefin den Eindruck vermittelt bekamen, es gebe keine Pläne für eine kostenintensive Wohnbebauung und das SKH werde nicht gebraucht,“ so Zehnter weiter.

Die CDU verweist ferner darauf, dass die Bürgermeisterin mit dem gleichen Verständnis von Nichtwählern ihr eigenes Amt zur Verfügung stellen müsste, da sie – wie übrigens wohl alle Bürgermeister im MTK – von weniger als der Hälfte der Wahlberechtigten in ihr Amt gewählt wurde.

 

Auszug aus §8b Abs. 6 Hessische Gemeindeordnung:

 Bei einem Bürgerentscheid ist die gestellte Frage in dem Sinne entschieden, in dem sie von der Mehrheit der gültigen Stimmen beantwortet wurde, sofern diese Mehrheit in Gemeinden mit mehr als 100 000 Einwohnern mindestens 15 Prozent, in Gemeinden mit mehr als 50 000 Einwohnern mindestens 20 Prozent und in den sonstigen Gemeinden mindestens 25 Prozent der Stimmberechtigten beträgt. 2Bei Stimmengleichheit gilt die Frage als mit Nein beantwortet. 3Ist die nach Satz 1 erforderliche Mehrheit nicht erreicht worden, hat die Gemeindevertretung die Angelegenheit zu entscheiden.